Québecer Verlage auf der Frankfurter Buchmesse 2014

15. Oktober 2014 | Reportage

Die Québecer Verlage waren auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse in zwei Hallen vertreten. In Halle 6.1 präsentierten sich Verlage wie Alto, Le Quartanier und Lux éditeur am Gemeinschaftsstand von Québec Édition. In der aktuellen Broschüre von Québec Édition sind gleich auf der ersten Seite allgemeine Informationen über den Québecer Buchmarkt aufgeführt: Rund 6250 Bücher erscheinen jährlich in Québec und werden von mehr als 200 Verlegern herausgegeben. Im Verhältnis zur Bevölkerung werden somit in Québec in etwa so viele Bücher veröffentlicht wie in Frankreich, Italien und Deutschland. In Halle 8.1 rund um den Stand von Livres Canada Books waren weitere Verlage aus Québec zu finden wie Leméac, XYZ und Québec Amérique.
Für quélesen habe ich mir die Stände angeschaut und mich mit dem einen oder anderen Verleger über seine Erfahrungen auf der Buchmesse sowie über aktuelle und kommende Bücher unterhalten.
Mit Lise Bergevin und Laure Berard vom Verlagshaus Leméac mit Sitz in Montréal sprach ich über den Roman Anima von Wajdi Mouawad, der in diesem Jahr in deutscher Erstausgabe von Sonja Finck bei dtv erschienen ist.
Der Verlag zählt mehr als 1500 Titel, darunter von einigen Autoren, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden und mehrere Literaturpreise bekommen haben. In diesem Jahr ist u.a. der zweite Roman der Autorin Marie Lefebvre erschienen. Ausgangspunkt für ihren Roman mit dem Titel Flou waren Leben und Werk der New Yorker Photographin Francesca Woodmann, die sich im Alter von 23 Jahren das Leben genommen hat.
Un petit pas pour l’homme weckte meine Aufmerksamkeit und eine Erinnerung an den vergangenen Sommer in Montréal, als ich eine junge Frau in Montréal für die Reihe „Québecer lesen …“ entdeckte, die gerade dabei war diesen Roman zu lesen. Ich hatte mir den Roman vorgemerkt und nun wurde ich daran erinnert. Zugleich vielen mir die weiteren Werke des Kolumnisten, Drehbuchautors und Schriftstellers auf, wie Mal élevé, Jeunauteur, Fâché Noir – Chroniques und Stigmates et BBQ, zudem ist für Ende Oktober Nu angekündigt, ein Erzählband herausgegeben von Stéphane Dompierre mit Texten von Sophie Bienvenue, Matthieu Simard, Marie Hélène Poitras.
Zum ersten Mal auf der Frankfurter Buchmesse war der Verlag Fonfon, bei dem seit 2010 Hefte für Kinder zwischen drei bis acht Jahren erscheinen. Mittlerweile gibt es die beiden Reihen „Geschichten zum Lachen“ und „Geschichten des Lebens“, in denen den Kindern verschiedenste Themen nähergebracht werden. Im ersten Heft Toujours près de toi geht es z.B. um den Umgang mit Trauer nach dem Verlust eines Menschen.
Einen hohen Wiedererkennungswert haben die Bücher von Le Quartanier. Das unifarbene Cover, auf dem nur Titel und Autor enthalten sind, ist das Markenzeichen des Verlags. Romane wie La déesse des mouches à feu von Geneviève Pettersen weichen mit einem illustrierten Cover ab. Sie sind Teil der Reihe Polygraphe. Félix Philantrope, Assistent der Verlagsleitung, war zum zweiten Mal auf der Frankfurter Buchmesse. Er unterstrich die Möglichkeit auf der Messe, andere Verleger und deren Programme aus der Nähe kennenzulernen und sich auszutauschen. Das aktuelle Programm von Le Quartanier umfasst die Romane Numéro Six von Hervé Bouchard, Jonas de mémoire von Anne Élaine Cliche, La revanche de l’écrivaine fantôme von David Turgeon. Daneben sind weitere Romane und auch Gedichtbände noch für dieses Jahr angekündigt. Zudem feiert der Verlag sein zehnjähriges Jubiläum mit der Publikation eines Bandes, in dem 20 Québecer Autoren über Fiktion schreiben. Félix Philantrope verriet am Ende eines netten Gesprächs noch, welche seine zwei Lieblingsbücher der Québecer Literatur sind: Maillou von Hervé Bouchard und Corridors von Gilbert LaRocque.

Leicht wiederzuerkennen, spätestens wenn man ein Buch in seinen Händen hält und über das Cover streift, sind die Werke des Québecer Verlages Alto. Im Regal am Gemeinschaftsstand von Québec Édition stachen dann auch gleich die Cover von Marie Hélène Poitras’ Griffintown, Catherine Leroux’ Le mur mitoyen und Larry Tremblays L’orangeraie ins Auge. Von L’orangeraie wurden bereits über 12.000 Exemplare verkauft und sein Autor erhielt mehrere Literaturpreise. Tania Massault vom Verlag verriet mir dann noch, was im nächsten Jahr zu erwarten ist, darunter ein neuer Roman von Nicolas Dickner, dessen Buch Nikolski 2009 in der deutschen Übersetzung von Andreas Jandl beim Verlag Frankfurter Verlagsanstalt erschienen ist.

Eine letzte Entdeckung auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wandte sich von der Belletristik zum Essay hin, denn Lux éditeur ist spezialisiert auf amerikanische Sozialgeschichte und politische Reflexionen. Unter den aufgestellten Büchern des Verlags befand sich der Band Tenir tête von Gabriel Nadeau-Dubois. Nadeau-Dubois spielte eine Rolle während der Printemps érable 2012 in Québec, als sich die Studenten mit Demonstrationen gegen die von der Politik geplante Erhöhung der Studiengebühren wehrten. Der Band ist in der Kategorie „Essay“ des Prix Gourverneur général 2014 nominiert.

Die Buchmesse ging vergangenen Sonntag zu Ende und ich kehrte mit neuen Eindrücken, interessanten Leseempfehlungen und einer verstärkten Neugier auf den kommenden Salon du livre in Montréal (19. bis 24. November 2014) zurück nach Berlin.