L’année la plus longue von Daniel Grenier

27. Oktober 2017 | quélesen

L‘année la plus longue ist ein Generationenroman, in dessen Zentrum das außergewöhnliche Leben von Aimé Bolduc steht. Aimé erblickte am 29. Februar 1760 in Québec das Licht der Welt. Nach seiner Geburt war er sich selbst überlassen und musste sich ziemlich schnell allein durchschlagen. Als er ein gewisses Alter erreichte, begann er durch die Lande zu ziehen. Die Zeit verging, doch Aimé alterte kaum. Er sah, wie die Körperhygiene an Bedeutung gewann und durch Produkte erleichtert wurde und wie das gesamte Leben mit der Zeit einfacher wurde. Über die Jahre verliebte er sich, knüpfte Bekanntschaften und schlüpfte in verschiedene Rollen, die teils geschichtsträchtig wurden. Er schmuggelte Alkohol während der Prohibition, kämpfte als Soldat, wurde zum Erfinder, lernte Sprachen und interessierte sich für die Dinge, die älter waren als er.

So wie Aimé ist auch Thomas Langlois an einem 29. Februar auf die Welt gekommen. Somit feierte er nur alle vier Jahre in den Schaltjahren Geburtstag. Sein Vater brachte ihm bei, damit geduldig umzugehen, es hinzunehmen, dass er nur jedes vierte Jahr feiern konnte und den Rest der Zeit quasi unsichtbar wurde. Sein Vater Albert und seine Mutter Laura haben sich 1979 in einem Café in der US-amerikanischen Stadt Chattanooga kennengelernt. Albert war vor seinem vorherigen Leben geflüchtet. Gegen den Willen ihrer Eltern heiratete die Bedienung den Fremden, der kaum ihre Sprache sprach und brach für ihn mit ihrer Familie. Als der gemeinsame Sohn geboren wurde, erkannte er, dass er etwas Besonderes war.

Albert und Thomas sind die Nachkommen von Aimé und stellen Nachforschungen zu dessen Leben an. Für Thomas bedeutet das, das sein Vater ihn irgendwann verlässt und mit seinen Aufzeichnungen und Recherchen zurück in seine Heimat kehrt. Später wird er ihm folgen. Mit der Zeit wird die reale Existenz von Aimé, der unter verschiedenen Alias auszumachen ist, immer glaubhafter. Und die Erkenntnisse werden die Zukunft verändern.

Daniel Grenier hat mit seinem Debütroman ein ambitioniertes Epos geschaffen. Es ist in einer ausdrucksstarken Sprache verfasst, breit aufgestellt und zugleich persönlich, denn der Autor ließ die Autoren und literarischen Werke darin einfließen, die er verehrte. Auf Momente der Aktion folgen psychologische Momente. Der Werdegang der Figuren führt die Geschichte von Montréal nach Philadelphia und New York und von der englischen Eroberung bis zum Sezessionskrieg.

Daniel Grenier: L’année la plus longue
Roman
Le Quartanier, 2015
432 Seiten
27,95 $
Für seinen Roman wurde Daniel Grenier 2016 mit dem Prix littéraire des collégiens ausgezeichnet. Beim Prix des libraires schaffte er es im selben Jahr unter die Finalisten.
Flammarion hat 2016 L’année la plus longue in Frankreich herausgebracht. In englischer Übersetzung ist der Roman 2017 bei House of Anansi erschienen. Für 2018 sind weitere Ausgaben auf Hebräisch und Spanisch angekündigt.

Ein Zitat:
« Trois années sur quatre, Thomas Langlois n’existait pas. Il devenait transparent, il devenait un calcul erroné, puis redressé, une clause débattue âprement dans une chambre fermée de la Royal Society il a a des siècles des siècles. Il était à peine assez haut pour regarder le calendrier que le parcours de son existence était nié sans aucune explication par des astronomes et des scientifiques portant des perruques poudrées. Chaque février il retenait son souffle et à la fin du mois il arrêtait complètement de respirer. On lui expliquait que de saluer annuellement sa venue au monde aurait impliqué à la longue un déséquilibre planétaire, solaire et astral qui s’avérerait désastreux. On lui offrait une éducation qui dictait l’humilité et les bonnes manières. On lui disait young man, qu’est-ce qui est le plus important ? Ton anniversaire ou la stabilité du monde ? Il devenait transparent. Il arrêtait de vivre dans le temps et se consacrait à l’espace. » – Daniel Grenier: L’année la plus longue, Le Quartanier, 2015 , S. 21-22