L’énigme du retour von Danny Laferrière

7. Dezember 2015 | quélesen

Das Telefon klingelt und den Erzähler von Dany Laferrières Roman L’énigme du retour erreicht die Nachricht vom Tod seines unbekannten Vaters, der ins Exil nach New York gegangen war. Seine Frau und seine Kinder ließ er vor all den Jahren in Haiti zurück. Sein Sohn wuchs dort auf und begann als Journalist zu arbeiten. Mit Anfang 20 und unter einem anderen Diktator als den, den sein Vater kannte, musste auch er sein Land Hals über Kopf verlassen. Nur mit einem Koffer als Gepäck ging er nach Montréal. Die Insel im Norden mit dem kalten Winter wurde seine neue Umgebung. Er arbeitete dort erst in einer Fabrik, kaufte sich dann eine Schreibmaschine und begann darauf seinen ersten Roman zu schreiben. Mittlerweile war er ein erfolgreicher Autor geworden, der umher reiste, ohne die Flugtickets und Hotels bezahlen zu müssen.

Die Todesnachricht führt ihn erst nach New York zur Beerdigung des Vaters und dann zurück nach Haiti. Er geht in ein Hotel in Port-au-Prince nahe des Hauses seiner Mutter. Er findet sich inmitten seiner Familie wieder, reist durch Dörfer und trifft auf alte Bekannte seines Vaters. Alles nimmt er in sich auf, notiert es in ein Heft, das er immer bei sich trägt. Er erinnert sich an seine Kindheit, die er teilweise bei seiner Großmutter verbracht hat, an die Buchhandlung, in der er mit seinen Freunden Bücher kaufte, die auf dem Index standen. Und dann ist da noch die Fotografie, die seinen Vater zeigt mit der Tochter auf dem Schoß und ihn, den Jungen, der daneben steht. Und am Fotorand ist da noch ein Huhn, von dem man meint, es würde sich sogar auf der Fotografie bewegen.

Er kommt seinem Vater durch dessen ehemalige Freunde näher. Da ist zum einen derjenige, der später in die Politik gegangen ist. Er lieh dem Sohn seines Freundes sein Auto und den Chauffeur, um durch das Land zu fahren, vielleicht auch den anderen Freund zu treffen, der sich aufs Land zurückgezogen hat, um dort als Bauer zu leben. Auf die Reise durch das Land nimmt er seinen Neffen mit. Doch die letzten Momente der Reise in das Heimatdorf des Vaters Baradères fährt er nur in Begleitung eines schwarzen Huhns, das zu einem Symbol geworden ist.

Diese wunderbar erzählte, tiefgründige Reise trägt den Titel L’énigme du retour. Geschrieben hat sie Dany Laferrière in einer Mischung aus Versen, die sich in Strophen zusammenfinden, und längeren Prosatexten, die mal anekdotenhaft, mal erklärend sind. Die Geschichten und die Gefühle, die er darin erzählt, klingen noch lange nach, auch wenn das Buch längst wieder zugeschlagen ist.

Danny Laferrière: L’énigme du retour
Roman
Grasset, 2009
304 Seiten
18,30 $

2009 erschien die Erstausgabe des Romans L’énigme du retour zur gleichen Zeit bei Boréal in Québec und Grasset in Frankreich. 2010 folgte die Taschenbuchausgabe bei Boréal Compact. Im Jahr darauf erschien die Taschenbuchausgabe von L’énigme du retour bei der Librairie générale française, Le Livre de poche. In Deutschland wurde der preisgekrönte Roman in der Übersetzung von Beate Thill mit dem Titel Das Rätsel der Rückkehr beim Verlag Das Wunderhorn im Jahr 2013 veröffentlicht.
Dany Laferrières Roman wurde u.a. mit dem Prix Medicis, dem Grand Prix du livre de Montréal, dem Prix des libraires du Québec sowie dem Internationalen Literaturpreis des Haus der Kulturen der Welt ausgezeichnet.

Ein Zitat:
« Être étranger même dans sa ville natale.
Nous ne sommes pas nombreux
à bénéficier d’un tel statut.
Mais cette petite cohorte
grossit de plus en plus.
Avec le temps nous serons la majorité.

En grimpant la petite côte
qui mène vers la place Saint-Pierre,
je pense tout à coup à Montréal
comme il m’est arrivé de penser
à Port-au-Prince quand je suis à Montréal.
On pense à ce qui nous manque. » – Danny Laferrière: L’énigme du retour, Grasset, 2009, S. 158