Guyana von Élise Turcotte

22. Januar 2014 | quélesen

Ana ist alleinerziehend. Sie und ihr Sohn Philippe müssen sich erst seit Kurzem in diese neue Situation einfinden. Philippes Vater ist verstorben und kommt nicht wieder. Und alles ist jetzt anders. Ana arbeitet nicht mehr. Wer weiß, ob sie jemals dorthin zurückkehren wird. In ihrem neuen Leben müssen sich beide erst einmal zurecht finden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Friseurin Kimi. In einem etwas heruntergekommenen und fragwürdigen Friseursalon trafen sie sich das erste Mal und seit dem hat sich zwischen den Dreien eine Art Routine, wenn nicht sogar ein Ritual, eingestellt. Kimi vermochte es, sich Anas Sohn anzunähern. Auch zwischen den beiden Frauen existierte sofort eine besondere Beziehung, die ohne viele Worte auskam. Allerdings blieb es bei den Treffen in dem Friseursalon. Ana lernte Kimi nicht weiter kennen, ging ihrer Verbindung nicht nach. Bis Kimi nicht mehr da war. Alle sprachen von Selbstmord, doch daran wollte und konnte Ana nicht glauben.

Sie beginnt der Sache auf den Grund zu gehen. Recherchiert in Kimis Vergangenheit, reiste gedanklich in deren Heimat nach Guyana, stellte sich deren Kindheit in diesem gefährlichen, kriminellen Land vor. Die Suche nach dem Leben der Friseurin entfernt Ana aus ihrer Gegenwart, führt dazu, dass sie ihren Sohn vernachlässigt, ihn von sich wegstößt. Doch die wahre Ursache ist eine ganz andere, die in Anas Kindheit zu finden ist.

In Guyana schreibt Élise Turcotte erneut über den Verlust eines Menschen und zeigt die Auswirkungen dessen auf ihre Protagonisten. Dabei lässt sie nicht nur Ana und Philippe zu Wort kommen, sondern verleiht auch den Abwesenden eine Stimme.

Élise Turcotte: Guyana
Roman
Leméac, 2011
176 Seiten
20,95 $
2011 erhielt Élise Turcotte für Guyana den Grand Prix du livre de Montréal. In diesem Sommer erscheint ihr Roman in englischer Übersetzung von Rhonda Mullins bei Coach House Books.

Ein Zitat:
« J’ai toujours pensé que les événements les plus disparates se touchaient si on cherchait bien le lien, le maillon d’argent qui relie un motif à un autre. Une chaîne d’événements, ou d’accidents : c’était ça une vie. Un bracelet à breloques que l’on reconstitue parfois à la fin, au moment où tout a cessé de briller. Les os, comme le sourire, la bague, ou la couleur de la peau. » – Élise Turcotte: Guyana, Leméac, 2011, S. 33