Les filles bleues de l’été von Mikella Nicol

25. August 2022 | quélesen

Ein Text von Alissa:

In Mikella Nicols poetischem Debütroman taucht man abwechselnd in die Perspektive und Gedankenwelt der zwei Kindheitsfreundinnen Clara und Chloé ein. Es ist ein bisschen so, als würde ein Spiegel hin- und hergewendet. Das Wechselspiel erinnert an Virgina Woolfs Roman Die Wellen, dem auch ein einleitendes Zitat entnommen ist.

Les filles bleues de l’été erzählt von einem Sommer. Chloé ist gerade aus einer psychiatrischen Klinik entlassen worden; Clara kommt aus einer toxischen Beziehung. Beide brauchen eine Auszeit. Weg von der Stadt, den Blicken, der Gesellschaft fahren sie in die Idylle des Chalets von Chloés Eltern. Jede hat ihr eigenes seelisches Gepäck dabei. In der Ruhe des Sees und der Natur finden sie langsam wieder zueinander, akzeptieren behutsam eine neue Nähe zwischen sich.

Doch der Sommer währt nicht ewig. Bald fahren Bekannte zu ihnen hinaus. Eines Tages taucht plötzlich Chloés Exfreund auf und bringt alles durcheinander. Und schließlich müssen Clara und Chloé nach Montréal zurück, müssen sich wieder integrieren in diese Welt, in die sie nicht gehören.

Mit sinnlicher Sprache verwebt der Text Introspektive und den liebevollen Blick auf die leidende Freundin mit Dialogen, in denen immer wieder der Schmerz des Ungesagten dominiert. Trotzdem bleibt ihre Freundschaft für Clara und Chloé das einzige Band, das nicht an den Abgründen der Existenz zerbricht.

Mikella Nikol lebt in Montréal. Sie hat einen Master in Literatur abgeschlossen und arbeitet als Buchhändlerin. 2017 erschien ihr zweiter Roman Aphélie.

Mikella Nicol: Les filles bleues de l’été
Roman
Le Cheval d’août, 2014
128 Seiten
12,99 $ (vergriffen)
Der Roman erscheint im August 2022 bei Le Nouvel Attila in Frankreich.

Ein Zitat:
„Quand Chloé confondait la noirceur de la nuit avec sa propre souffrance, j’allais la chercher, comme une enfant, et je la traînais jusqu’à moi. Je l’amenais dehors, où l’air circulait mieux. […] Nous nous asseyions au bord du feu ou sur la galerie pour nous raconter des souvenirs. Chloé avait chaud entre les côtes quand nous parlions d’eux. Les souvenirs ne sont pas les gens: ils ne nous délaissent pas. Ce sont des objets que nous partagions depuis longtemps. Nous nous les passions de mains en mains quand nous n’allions pas. C’était devenu un rituel, le seul auquel j’accepterais de me conformer.“ – Mikella Nicol: Les filles bleues de l’été, Le Cheval d’août, 2014, S. 28