Les maisons von Fanny Britt

31. Oktober 2016 | quélesen

Ein bewohntes Haus beherbergt Liebe, Freude, Familienzuwachs und Trauer. Und wenn ihre Bewohner beschließen, es zu verkaufen, bleiben nur Erinnerungen zurück und das Geld, das der Meistbietende für das Haus offeriert. Dieses Geschäft ist der Job von Immobilienmaklerin Tessa. Sie tritt mit den Menschen in Kontakt, die einen Lebensabschnitt beenden und im Fall eines Paares oft nach erfolgreichem Verkauf ihrer Immobilie getrennte Wege gehen. Tessa‘s nächste Auftraggeberin führt sie in ihre Vergangenheit und zur harten Auseinandersetzung mit ihrem Leben, denn diese trennt sich von ihrem Mann Francis, der Tessa‘s erste große Liebe und Exfreund ist.

Dieser Auftrag verändert im Leben von Tessa alles, zumindest gedanklich. Sie erinnert sich an ihre Jugend: Ihre Eltern hatten sich getrennt und ihre Mutter zog mit ihr daraufhin nach Montréal. An der Schule fand sie neue Freunde und lernte Francis kennen und lieben. Doch viele Jahre später ist sie verheiratet, hat drei Kinder und ein geregeltes Leben. Aber was wäre wenn? In Gedanken spielt Tessa durch, wie es wäre aus ihrem wohlgeordneten Leben auszubrechen. Denn in den nächsten Tage würde sie Francis treffen und sie könnte alles auf eine Karte setzen. Sie geht alles durch und immer wieder kommen Momente aus ihrem bisherigen Leben hoch, die sie analysiert und auswertet.

Fanny Britt zeigt in ihrem Roman das Leben einer Frau, die an einem Wendepunkt angekommen ist. Vor dem Hintergrund der Orte, die das Leben der Menschen begleiten und die so viel von ihnen preisgeben, entwirft die Autorin ihre Hauptfigur, die zweifelt und nach 15 Jahren Ehe Bilanz über ihre Gefühle, ihren Job, ihr Leben zieht. Es ist ein ruhiger Roman, in dem eine Tat, die alles verändern könnte, auf einer parallelen Ebene zur Realität durchgespielt wird und die Entscheidungsfindung durch Abwägungen und Erinnerungen herausgezögert wird.

Fanny Britt: Les maisons
Roman
Le Cheval d’août, 2015
232 Seiten
23,95 $
Fanny Britt ist Autorin und Dramaturgin. Ihr Theaterstück Ein guter Mensch wurde von Frank Weigand ins Deutsche übersetzt und lief in der „HörspielZeit“ auf SR 2 KulturRadio. Ihr illustriertes Kinderbuch Jane, le renard et moi (mit Isabelle Arsenault, La Pastèque) brachte 2014 der Berliner Verlag Reprodukt unter dem Titel Jane, der Fuchs und ich heraus. Für ihren Roman Les maisons war Fanny Britt für den Prix France-Québec 2016 nominiert.

Ein Zitat:
« Je suis seule, et ce qui constitue d’ordinaire un luxe, et un plaisir bien mérité (du moins, c’est ce que disent toutes les publicités de yogourt et de barres chocolatées), est maintenant chargé de prémonitions. Ressemblera-t-elle à ça, ma vie, après? Une fois que j’aurai démoli le monde, continuerai-je de me réveiller dans cette douce indifférence?
Le printemps montréalais, exubérant et sans ambiguïté, est cruel pour les tristes. Tout le monde bande au printemps à Montréal, nous sommes ce troupeau qui retourne au champ après l’hiver. Durant notre repli saisonnier, nos abris étanches ne laissent passer que les virus grippaux. À la libération, tout éclate et coule, nous devenons gorgés de sève et d’espoirs, et chacun sait bien que l’espérance n’est jamais aussi déchirante que pour les tristes. Ceux qui s’aventurent au-dehors risquent une déception encore plus grande; ceux qui s’y refusent se prennent la litanie des joyeux dans la gueule: Mais si t’essayais, un peu? Sors, les terrasses sont ouvertes! Alors la plupart des tristes, au printemps à Montréal, se taisent et hochent la tête comme des figurines de voiture, ces Bobbleheads qui nous narguent dans les bouchons de circulation. Il n’est pas de disposition plus triste que d’être triste quand personne d’autre ne l’est. » – Fanny Britt: Les maisons, Le Cheval d’août, 2015, S. 111