Bondrée bzw. Boundary ist ein Ort inmitten einer idyllischen Natur. Es gibt einen See sowie zahlreiche Wanderwege durch Wälder und Gebirge. An diesen Ort zog sich vor langer Zeit Pierre Landry zurück, um der Wehrpflicht zu entgehen. Er ließ sich auf dem Grenzgebiet zwischen Kanada und den USA im Schutz des Waldes nieder. Über die Jahre entdeckten auch andere Menschen diesen Ort für sich und wurden Herr über die Natur. Sie bauten Holzhütten und fuhren den Sommer über regelmäßig dorthin. Pierre Landry zog sich von den Menschen zurück, baute sich einen Unterschlupf abseits von ihnen und versorgte sich weiterhin selbst. Ab und an bekam er Besuch von einem vorbeiziehenden Jäger, aber sonst war sein Leben das eines Einsiedlers, dessen Ende er selbst bestimmt hat.
In den 1960er Jahren war Bondrée ein Urlaubsziel für anglofone und frankofone Familien geworden, an dem man sich Geschichten von Pierre Landry erzählte, der sich nach seinem Tod noch immer in der Gegend herumtreiben soll. Als eines Tages inmitten des Sommers 1967 ein Mädchen verschwand, schien die Legende des Pierre Landry an Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Das verschwundene Mädchen war Elizabeth Mulligan. Sie und ihre Freundin Sissy Morgan waren unzertrennlich und wurden von anderen beneidet oder als Störenfriede bezeichnet. Nach einer ausgiebigen Suche, an der sich die Anwohner auf Zeit beteiligten, wurde Elizabeth tot aufgefunden. Ihr Bein befand sich in einer Bärenfalle, die man schließlich Pierre Landry zuschrieb. Die Polizei wurde gerufen und begann ihre Ermittlungen. Was sich zuerst als Unfall zeigte, stellte sich später, als ein weiteres Mädchen verschwunden und dann in ähnlicher Lage wie Elizabeth gefunden wurde, als Mord heraus. Wer steckt hinter diesen Taten? Und wird es dem ermittelnden Polizisten gelingen, der Sache auf den Grund zu gehen?
Erzählerin der Geschichte ist hauptsächlich Andrée Duchamp, eine Frau die damals mit ihrer Familie in Bondrée den Sommer verbrachte und die die beiden Freundinnen Elizabeth und Sissy anhimmelte. Daneben werden in den sieben Teilen Passagen eingefügt, die die intimen Momente kurz vor den Morden spiegeln.
Der Autorin gelingt es die Atmosphäre der 1960er Jahre zu erschaffen und die Zweisprachigkeit des Ortes durch die Integration englischer Begriffe glaubhaft zu vermitteln. Bei den Ermittlungen der Polizei verlangt die Anwesenheit der beiden Sprachgruppen einen Dolmetscher, der in dem zurückgezogenen Brian Larue gefunden wird, der seine Nase lieber in Bücher steckt. Ebenso ist es Andrée A. Michaud gelungen, Spannung aufzubauen und über den Kriminalroman hin zu halten. So bietet Bondrée, der bereits der zehnte Roman der Autorin ist, eine atemberaubende Lektüre.
Kriminalroman
Québec Amérique, 2014
304 Seiten
26,95 $
Ein Zitat:
« Brian Larue, en digne petit-fils de Canuck, avait mis un point d’honneur à apprendre la langue de son grand-père. Il avait cependant hésité quand on lui avai demandé de servir d’interprète entre la police et les francos de Boundary. Larue était un solitaire et l’idée d’avoir à pénétrer dans l’intimité d’hommes et de femmes séparés par le corps d’une morte lui répugnait, mais il avait accepté pour son père, pour la fierté qu’aurait éprouvé cet homme élevé dans une langue métissée, une langue bâtarde incapable de trouver sa juste place, s’il avait su que son fils travaillait à réconcilier ses origines, que celui-ci était maintenant porteur de la double parole enjambant les frontières de son enfance. Il s’était aussi contraint à cette tâche pour sa fille, Emma, qui aurait bientôt l’âge de la victime et entrerait dans ce long couloir où les femmes doivent courir lorsque la nuit tombe. » – Andrée A. Michaud: Bondrée, Québec Amérique, 2014, S. 71