La revanche de l’écrivaine fantôme von David Turgeon

28. April 2016 | quélesen

Der Blick auf den Titel La revanche de l’écrivaine fantôme von David Turgeon lässt einen Thriller erwarten, in dem eine Ghostwriterin auf Rache sinnt. Doch an wem? Am Literaturbetrieb? An anderen Autoren? Oder gar am Leser? Die Geschichte kommt nicht richtig in Gang. Aber ist das überhaupt gewollt? Sie kann es wohl kaum, ist sie doch die Geschichte einer Vielzahl von Autoren und Lesern, in der die Erzählperspektiven ständig wechseln und verschiedene Stränge fallen gelassen werden, um später wieder aufgenommen zu werden.

Das Verwirrspiel à la Turgeon beginnt in einem Zug. Darin beobachtet ein zeichnender Autor eine junge Frau, die, wie sich später herausstellt, ein Fan seiner Geschichten ist. Der Zug, in dem beide sitzen, entgleist, doch ihnen passiert nichts. Inmitten einer Atmosphäre des Weltuntergangs kommen beide schließlich in einem verlassenen Hotel unter. Sie haben Zeit, sich zu unterhalten und der Autor beginnt, ihr von einem möglichen nächsten Roman zu erzählen, dessen einzige Leserin wahrscheinlich sie ist.

Protagonistin des Romans ist die Ghostwriterin Johanne Delambre, die auch an ihren eigenen Büchern schreibt. Sie entwickelt z.B. die Geschichte um Henri Cordier. Weitere Geschichten und Figuren werden eingeführt, etwa der Autor Raymond Loquès, der Spezialist für Romane ist, in denen es darum geht, dass Romane geschrieben werden. Eine Zusammenfassung des Ganzen ist kaum möglich, die Lektüre des Buches eine lohnende Herausforderungen für alle, die mehrschichtige Erzählungen mögen.

Zum Leser wird gleich zu Beginn eine Komplizenschaft aufgebaut. Er ist überall dabei durch das „du“ und „wir“. Zudem wird ihm eine erhebliche Prise Konzentration abverlangt, denn sonst ginge er dem Ganzen auf dem Leim. Und dann ist da noch ein ironisch angehauchter Selbstkommentar hier und da, der mit der entrüsteten Leserin sympathisiert. Alles in allem ist La revanche de l’écrivaine fantôme ein herausforderndes Buch über das Machen von Büchern, das ein kompliziertes Unterfangen ist. So wie das Lesen ein kompliziertes Unterfangen sein kann, je nach Erwartungshaltung des Lesers.

David Turgeon: La revanche de l’écrivaine fantôme
Roman
Le Quartanier, 2014
168 Seiten
19,95 $
Ein Zitat:
« Vous êtes dans un café, en retrait, à peu près inaperçu. Vous ne saviez pas que vous alliez faire partie de ce roman, mais en fait oui, ce n’est pas que la scène se déroule devant vous, c’est que vous êtes pile dedans. Même en retrait. Quoique moins inperçu soudain.
Rassurez-vous, ce n’est pas vous qu’on regarde. Restez simplement tranquille et tiens, faites semblant de lire : je vous prête un livre, Tout est perdu de Raymond Loquès. Vous connaissez? Raymond Loquès dont les romans ne parlent que de romans en train de s’écrire, il en a lui-même écrit très peu. Tout est perdu, tout de même, ce n’est pas rien, un classique de l’écriture de l’écriture. Il y aurait beaucoup à dire sur Loquès, il ne faut pas me lancer, un jour peut-être. Et puis voyez, ça vous donne un petit air intellectuel parfaitement bienvenu, n’oubliez pas où vous êtes. Un café, en retrait, à peu près inaperçu. » – David Turgeon: La revanche de l’écrivaine fantôme, Le Quartanier, 2014, S. 43