La garçonnière von Mylène Bouchard

4. Mai 2015 | quélesen

Mylène Bouchard schickt den Leser in ihrem Romen La garçonnière u.a. auf eine Entdeckungsreise der Großstadt. In Begleitung von Hubert und seinem photographischen Blick erscheint Montréal in seinen unscheinbarsten Ecken. Die Ankunft in einer neuen, unbekannten Stadt ist meistens eine Entdeckungsreise, auf der bald feste Referenzpunkte erscheinen wie ein Café, das zum Stammcafé wird und eine Umgebung, die bis auf wenige Straßen begrenzt ist, in denen man alles Nötige findet. Und dann sind da noch die Menschen, die man kennenlernt. Manchmal kommen sie nicht aus der Stadt, sind wie man selbst, zugezogen und wie es der Zufall will, kommt man sogar aus einer ähnlichen Gegend. Hubert hat Mara in der Stadt getroffen und bald sind beide enge Freunde geworden. Ohne dass sie sich kannten, hatten sie bereits jahrelang auf demselben Breitengrad nebeneinander gelebt. Die vermeidliche Nähe wurde durch ein Gewässer zu einem unüberwindbaren Hindernis und so fanden beide erst in der Großstadt zueinander.

Mara war in die Stadt gekommen, um Sprachwissenschaft zu studieren. Hubert widmete sich der Photographie. Beide sind mehr oder weniger „geographische Geschwister“, die seit ihrem Kennenlernen kaum noch getrennte Wege gehen. Da ist es klar, dass die Freundschaft bald auf die Probe gestellt wird. Hubert hat sich in Mara verliebt und stellt sie nach einigen Höhen und Tiefen in ihrer Beziehung vor eine Entscheidung: entweder sie gibt den beiden eine Chance oder es ist vorbei. Es kommt eine Zeit im Leben beider, an denen sie getrennte Wege gehen und sogar den Kontinent wechseln. Das alte Leben und die gemeinsame Zeit lassen sie hinter sich, doch nicht ohne eines Tages erneut aufeinanderzutreffen.

Mylène Bouchard hat für die Darstellung der Leben von Mara und Hubert drei Erzählstimmen entworfen: ein allwissender Erzähler führt in die Geschichte ein und stellt die beiden Protagonisten vor; dann beginnt Mara von sich und ihrem ersten Treffen mit Hubert zu erzählen und schließlich zeigt auch Hubert seine Perspektive, in der er von Mara schwärmt. Im weiteren Verlauf des Romans wechseln sich die Perspektiven ab, wobei der allwissende Erzähler viele Situationen einordnet und Zusammenhänge herstellt.

La garçonnière ist ein reichhaltiges Buch, voller kultureller Verweise und einem Treffen von Hubert mit dem geheimnisvollen Québecer Autor Réjean Ducharme. Es ist stylistisch bunt gefärbt und geht über die Darstellung einer tragischen Liebesgeschichte hinaus.

Mylène Bouchard: La garçonnière
Roman
La Peuplade, 2013
214 Seiten
24,95 $
Ein Zitat:
« (dictaphone)
Elle étudiait les sciences de la parole au cégep du Vieux-Montréal ; moi, la photographie. Mes sujets photographiques demeuraient communément urbains, remarquant tout ce qui m’avait été jusqu’alors étranger : bâtiments laissés à l’abandon, fenêtres fracassés, graffitis sur les wagons, carcasse de vélo, grue au centre-ville, funambule entre deux tours, clochards complètement givrés étendus sur le bitume, terrasse Belle-Humeur, Miss Villeray, Hochelaga-Maisonneuve, quartier chinois, saison des récoltes au marché Jean-Talon.

J’armais ma caméra.
Je canonnais le paysage.
Je peuplais le cadre.

Surinformation.

Passage piéton, piste cyclable, vente finale, pain du jour, ne pas stationner entre midi et seize heures du lundi au vendredi.
J’ai vite découvert la ville. J’atterissais dans n’importe quelle station, sortais de la bouche et allais dans tous les sens comme une girouette photographe. Parfois, c’était à vélo que je parcourais les artères. Par contre, c’était moins pratique. Je risquais de chuter et de me casser la lentille. Donc, le métro, c’était parfait comme moyen de locomotion. Sans cela, je n’aurais jamais découvert le vitrail de Marcelle Ferron au métro Champ-de-Mars, sur la ligne verte. Ni celui de la station Vendôme. » – Mylène Bouchard: La garçonnière, La Peuplade, 2013, S. 41-42